Es ist erst ein paar Tage her, dass ich die Farm verlassen habe, aber es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Am Freitag habe ich in Toowoomba den Bus nach Brisbane genommen. Dort machte ich Bekanntschaft mit Renato. Er ist ein Brasilianer und nach Australien ausgewandert. Er und seine Freundin haben sich in London kennengelernt, beide kommen aber aus Brasilien. Nach kurzen 2h Stunden Busfahrt bin ich in Brisbane, dort wo vor ein paar Wochen alles begonnen hat. Mein Hostel finde ich relativ schnell und checke erstmal ein. Nun sammle ich meine ersten Hostelerfahrungen und ich muss sagen, ich war schon mal nicht sehr überzeugt von der ganzen Sache. Das Joe’s Backpacker stellt sich als gut für eine Nacht heraus, ist aber nicht für längere Aufenthalte zu empfehlen. Es ist etwas verlottert und im Zimmer ist es heiss. Aber dennoch war es spannend einige Leute kennenzulernen und nach über 5 Wochen hatte ich wieder einmal Gelegenheit Deutsch zu sprechen und ich kann es kaum mehr. Während ich es komplett verstehe, fehlen mir beim Sprechen die Worte und ich tendiere immer zu englischen Ausdrücken. Dazu kommt ein extremer Akzent, als wäre meine Mutterspreche Englisch. Meine Rückkehr in die Schweiz könnte also durchaus sprachlich sehr lustig werden.
Nach einer Nacht mit nicht sehr viel Schlaf spaziere ich etwas in Brisbane umher. Trotz meiner Abneigung gegenüber Städten, insbesondere Grossstädten, fühle ich mich erstaunlich wohl in Brisbane. Ich nutze die Gelegenheit und besuche den botanischen Garten und die Flusspromenade. Dann am Nachmittag starte ich meine 30-stündige Busreise in den NJorden nach Cairns. Es wird eine lange Fahrt. Ein Glück sind über Nacht kaum Leute im Bus und ich kann die Füsse hochlegen. Das ändert sich aber schlagartig am nächsten Morgen. Der Bus ist gestossen voll für die restliche Fahrt und ich sehne dem Ende entgegen. Das ist auch der Moment an dem ich meine erste Krise bekomme. Ein Glück waren es aber mehr die Übermüdung und der Wunsch nach etwas ruhiger Stimmung. Dann kam noch dazu, dass ich abends um 9 Uhr verzweifelt mein Hostel suchte und kaum gefunden habe. Die Suche hat sich aber gelohnt. Denn das Hostel ist toll.
Ein neuer Tag, die Krise ist verflogen und ich sehe mich etwas in Cairns um. Auch hier fühle ich mich wohl und entspannt. Wahrscheinlich auch weil es nur so von Backpackern wimmelt und die Einheimischen kein Problem damit haben. Ich werde auf der Strasse angesprochen, was hier durchaus normal ist, und finde mich kurz darauf in einem Travel Shop wieder. Xavier, ein Franzose, und ich unterhalten uns ausgiebig auf Französisch und er hilft mir etwas bei meiner weiteren Reiseplanung. Damit bringt er zwar meine heutigen Pläne durcheinander, aber es ist es wert. Dann geht’s weiter zum botanischen Garten, inkl. Einem kleinen Regenwald. Auffallend sind vor allem die unzähligen Mücken, die mich fressen wollen. Daher habe ich das Bedürfnis schnell wieder wegzukommen. Am Abend gehe ich mit Mary aus Kanada und Christoph aus Deutschland zu einer Travel Shop Party. Es war nicht gerade eine spannende Party. Aber wir bekamen gratis Drinks und Pizza, was uns schon genug war.
Der nächste Tag ist ein toller Tag, es geht auf eine Tour in den Daintree Rainforest National Park. Es ist der älteste Regenwald der Welt und er ist als World Heritage Area gelistet. Der Regenwald liegt in den feuchten Tropen und daher gibt es hier sehr viel Regen das ganze Jahr über. Während der Regenzeit (Start November) ist es einfach noch mehr Regen als sonst. Der Regen kommt meistens in kurzen und heftigen Storms und danach scheint wieder die Sonne. Seit dem letzten Regen sind fast 7 Wochen vergangen, was für diesen Regenwald ein grosses Problem darstellt. Die Region nördlich des Daintree Rivers ist ein quasi wildes Gebiet. Es gibt eine Strasse, welche aber irgendwann endet. Ab dort ist alles nur noch mit 4WD befahrbar, sofern die Bedingungen stimmen. Durch die Storms werden diese Wege innert Minuten unpassierbar und das manchmal für Wochen. Das Gebiet verfügt über keine Stromnetze oder Handyempfang, was heisst die ca. 900 Einwohner versorgen sich selbst mit dem was sie brauchen. Bis vor ca. 25 Jahren hat dieses Gebiet sogar als «gesetzlos» gegolten. Die Polizei hat sich nicht dorthin gewagt und falls sie es dennoch tat, wurden sie von den Einwohnern beschossen. Auf der Tour haben wir uns vor allem für Tiere und Pflanzen interessiert. So haben wir einige für das normale Auge «unsichtbare» Insekten ausfindig gemacht. Sie sind hervorragend getarnt. Der Artenreichtum in diesem Wald ist riesig und jede Pflanze kämpft um ein bisschen Sonne. Weiter geht es zum Cape Tribulation wo uns ein wunderschöner, verlassener und weisser Sandstrand erwartet. So einladend es zum Baden aussieht, es ist tödlich dort Baden zu gehen. Zum einen startet gerade die Würfelquallensaison. Das wohl giftigste Tier der Welt. Man stirbt innert Minuten nach dem Kontakt mit der Qualle. Hinzu kommen riesige Salzwasserkrokodile (Salties). Sie leben entgegen ihrem Namen in allen Gewässern. Was heisst, man muss sich von allen Gewässern fernhalten, sonst stirbt man schnell mal. Selbst draussen auf dem Meer ist man nicht sicher vor ihnen, denn sie überqueren auch mal das Meer Richtung Indonesien oder so. Wir ziehen weiter und machen einen Glacehalt. Tolle handgemachte Glacen aus tropischen Früchten, auch wenn ich keine Ahnung hatte was es war. Auf der Fahrt aus dem Park machen wir eine unglaubliche Entdeckung. Wir sehen ein Cassowarry mit einem Kücken. Cassowarries sind Vögel und können bis zu 1.80m gross werden. Sie sind vom Aussterben bedroht, nicht etwa wegen natürlichen Feinden, sondern weil sie gerne mal überfahren werden. Daher hat es überall Hinweisschilder und Bodenwellen (das Bild mit dem Warnschild wurde von Bewohnern etwas abgewandelt, um zu verdeutlichen warum es diese Bodenwellen gibt). Die Cassowarries können den Menschen sehr gefährlich werden und sie auch töten. Also immer Abstand halten. Sie haben Krallen so scharf wie Rasiermesser, womit sie dich aufschlitzen können. Nach dieser tollen Begegnung geht es zu einer Bootsfahrt auf dem Daintree River. Wir haben riesen Glück und können zwei Baby-Krokodile und zwei grosse Krokodile beobachten. Auf dem Rückweg im Massmann Gorge sehen wir noch zwei Dragons und ein paar Truthähne. Was für ein toller Tag mit solch tollen Wild Sichtungen. Wir machen noch einen Abstecher durch Port Douglas, die Stadt der Reichen und Berühmten, können dort aber keine Prominenten entdecken. Ein solch erfolgreicher Regenwaldtag ohne Regen, mit viel Sonne und so vielen tollen Tierbegegnungen ist nicht selbstverständlich.
Mein letzter Tag in Cairns startet und ich fahre mit der Scenic Railway nach Kuranda. Ein Dorf im Regenwald. Ich kann wieder einige Insekten und Tiere beobachten und halte mich von teuren und mit Asiaten gefüllten Touriattraktionen fern. Müde kehre ich mit dem Bus nach Cairnszurück. Ich gehe durch die Läden auf der Suche nach FlipFlops. Eine Challenge, welche sich erst jetzt als eine herausstellt sind tatsächlich anständige FlipFlops. Meine bequemen habe ich leider auf der Farm zerstört und erstmal durch billige ersetzt. Die sind aber mit ihren Plastikriemen eher Blasenbilder als Schuhe. FlipFlops aus anderen Materialien gibts nirgends. Bin gespannt ob ich irgendwann ein paar anständige finden werde. Morgen geht die Reise weiter, wohin werdet ihr schon bald hören.